Rokkr, der Mann hinter Grisâtre, war vorsichtig sogar bei der Wahl des Pseudonyms: "grisâtre" heißt "gräulich", nicht etwa grau, und genauso bescheiden mutet sein erstes Full-Length-Album an. "L’idée de Dieu" ist kein Soundtrack zur Blasphemie oder Selbstentleibung – es ist ein sehr subtiles Werk. Das fängt an mit dem meiner Meinung nach extrem gelungenen Cover (wohlgemerkt, von Rokkr selbst), das Rätsel aufgibt, dabei aber ebenso dezent bleibt wie die Platte selbst. Spätestens der einleitende Track, der wenig opulent und umso melancholischer ist, zeigt: wir haben es hier mit einem Künstler der zurückhaltenden Sorte zu tun, der auf Fülle und Epik verzichtet; und auch auf die überzeichnete Verträumtheit, denen Atmospheric Black Metal Bands gern zum Opfer fallen. Die restlichen, schön entschleunigten Tracks von stilechter Länge sind kompositorisch ebenso schmucklos, was aber nicht heißen soll, blass – im Gegenteil: Ernst und Hingabe, mit denen dieses Album wohl geschaffen wurde, sind durchwegs spürbar, ob durch die stabil hoffnungsentleerten Melodien oder den Gesang, der genreecht aus der Tiefe kommt, ohne dabei im Hall zu ersaufen. Rokkr ist ein Meister seines Fachs: der beschwörenden Rhythmen, über denen seine Klage fortklingt. Mir kommen die tschechischen Trist in den Sinn. Man kann also sagen, dass "L’Idée de Dieu" ein konstant gutes DSBM-Album ist. Genau in diesem Wort mag vielleicht für manche das Problem liegen: konstant. Die Stücke sind gut, steigern sich aber nicht; die Platte enthält keine Überraschungen oder Aha-Momente. Nein, die Arrangements sind nicht neu - muss ja aber auch nicht jeder LP in meiner Sammlung eine Wundertüte sein. FAZIT: "L’Idée de Dieu" ist ein unaufgeregtes und nicht unbedingt neues, aber durchgehend genüssliches Album, das ich mir noch öfter auflegen werde, und bei dem Freunde des deprimierten Zeitlupen-Metal gern zugreifen dürfen.
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