Fragen:  Amikkus   |   Antworten:  Maldoror   |   Übersetzung:  -   |   Datum:  12.04.2013


Ewiges Reich

Grüß Dich Maldoror! Zu Anfang vielleicht ein Blick ins Hier und Jetzt: Wie steht es um EWIGES REICH im Jahre 14 nach der Gründung? Seid Ihr nach wie vor darauf bedacht, "Blutsturm" in Form von Konzerten etc. aktiv zu bewerben und/oder seid Ihr bereits beim Schaffen neuer Stücke?

Grüß Dich! Wir arbeiten derzeit an neuem Material für das nächste Album, bzw stehen relativ kurz vor den Aufnahmen dazu. Was nicht heißt, dass wir nicht gewillt sind aufzutreten. Also Angebote für Live Aktivitäten immer her!

Du bist das einzige Band-Mitglied, das sich über die Jahre hinweg keinen anderen musikalischen Baustellen zugewandt hat. Besteht für derlei Vorhaben einfach kein Interesse oder hat sich diesbezüglich bislang keine Ernst zu nehmende Möglichkeit angeboten? Stört Dich nicht manchmal das rege Schaffen Deiner Kollegen oder erachtest Du es als notwendig, dass man als kreative Musiker/Künstler eben mehrere Betätigungsfelder zur Hand haben muss, um die jeweilige stilistische Marschrichtung einer Band nicht mit Experimenten zu verwässern?

Eigentlich habe ich schon seit ziemlich langer Zeit Ideen im Kopf, welche ich nur zu gern musikalisch umsetzen würde. Ich kann mich aber selbst gut genug einschätzen, um zu wissen, dass ich zu unbegabt bin, sie zu verwirklichen. Da ich nie die richtigen Mitstreiter gefunden habe oder sie eigentlich gar nicht aktiv suche, werden diese musikalischen Gedanken in meinem Kopf verbleiben, es sei denn es ergibt sich mal von selbst eine Möglichkeit das zu ändern. Natürlich stört es mich nicht, wenn sich die anderen kreativ austoben. Einem jedem sollte der Weg zu seinem persönlichen Glück offenstehen. Und dieser führt bei einem Musiker zwangsläufig über das Erschaffen neuer Werke. Selbstverständlich ist das nicht allgemeingültig, aber es liegt sehr nahe.

Andererseits hindern Euch selbst einschneidende Personal-Eingriffe nicht daran, an dem kompromisslos eiskalten Kurs, den Ihr seit den Anfängen von EWIGES REICH verfolgt, festzuhalten. Inwieweit war es denn einfach beziehungsweise eher mühselig, den Neuzugängen im Line-Up Eure Linie nicht nur mündlich, sondern auch während Proben "beizubringen"? Wie viel Material konnten Martyr-Svart und N.A. denn für "Blutsturm" beisteuern und inwiefern kann man denn als Außenstehender überhaupt einen "Unterschied" zwischen den Beiträgen der einzelnen Komponisten ausmachen?

Ihnen das Material näher zu bringen war einfach, da es sich bei beiden um fähige Musikanten handelt, die sich sehr aktiv in dieses für sie neue Betätigungsfeld eingearbeitet haben. Da die Kompositionen auf „Blutsturm“ aber noch mit S.M. entstanden, haben Martyr-Svart und N.A. an deren Erschaffung erst mal kaum mitgewirkt. Das hat sich aber bei unserem kommenden Album geändert, bei dem von jedem etwas beigesteuert wurde. Ich glaube schon, dass man die oder den Hauptkomponisten unserer einzelnen Stücke heraushören kann, wenn man sich eingehender damit beschäftigt. Vielleicht werden wir auch in Zukunft den Komponisten im Booklet vermerken. Ehre wem Ehre gebührt, haha!

Viele, wenn nicht sogar alle Gruppen da draußen, die ihr Handwerk verstehen und ihren ganz persönlichen Fußabdruck in der musikalischen Zeitgeschichte hinterlassen wollen, stehen vor der immensen Aufgabe, eine Entwicklung zwischen charakteristischer Profilzeichnung und stetem stilistischem Fortschritt an den Tag zu legen. Wie oft ist es Euch zum Beispiel passiert, dass Ideen über Bord geworfen wurden, weil sie sich viel zu sehr auf Altbekanntes stützten? Inwiefern lernt Ihr als eingespielte BM-Veteranen von anderen Kapellen dazu, die sich langsam, aber sicher in ihrem eigenen Saft eingraben, ohne diesen von anderen Seiten zu beleuchten? Oder andersherum gefragt: Sind Dir persönlich Bands lieber, die seit Jahren den selben - wenn auch halbwegs hörbaren - Schmonzes auftischen oder solche, die ein breites Spektrum auffahren und dafür gelegentlich auf die Schnauze fallen?

Wir haben in unserer Bandgeschichte sicher schon hunderte Ideen aus verschiedenen Gründen wieder verworfen. Es ist halt wie immer, nicht jeder Einfall entpuppt sich auch als guter, haha! Die Frage ob wir immer nur den gleichen Scheiß machen wollen oder mal etwas Neues ausprobieren sollten, stellt sich uns eigentlich gar nicht. Wir machen seit Bandgründung die Art von Musik, welche wir selbst mögen. Und dabei überlegen wir natürlich nicht wie das ankommt oder ob unser nächstes Album innovativ oder altmodisch genug ist. Bei meinem persönlichen Musikgeschmack verhält es sich ähnlich. Sprich es gibt keine Konstante. Manchmal gefällt mir das neue, avantgardistische Material einer Band besser obwohl mir das alte schon gefiel. Und manchmal ist es schon fast ein Grund ihre alten Platten auch nicht mehr zu hören. Die Stimmung muss halt passen.

Wie gehen EWIGES REICH überhaupt neue Ideen an? Arbeitet Ihr auf Grundlage einer jahrelang bewährten Herangehensweise oder glaubt Ihr eher an das kreative Chaos? Seid Ihr eher Eigenbrötler, die dann zusammenkommen und aussieben oder entsteht doch jeder Song von Anfang an im Kollektiv? Welche Entwicklung hat das gemeinsame Schaffen an neuen Songs über die Jahre hinweg - vor allem zwischen "Krieg, Hass, Tod" und "Blutsturm" - vollzogen? Gerade im Hinblick auf den sechsjährigen VÖ-Abstand zwischen den beiden letzten Alben dürfte sich wohl einiges getan haben...

Ja wir sind Eigenbrötler die ihr kreatives Chaos nach einer jahrelang bewährten Herangehensweise aussieben und das von Anfang an im Kollektiv. Will heißen auch hier ist es immer anders. Wir machen uns über so etwas auch überhaupt keine Gedanken, es geschieht einfach. Seit 1999 bis heute hat sich lediglich verändert, dass wir nicht mehr jedes Wochenende im Proberaum stehen. Auch der lange Zeitraum zwischen der Veröffentlichung unsere letzten beiden Alben, ist lediglich unserer Faulheit geschuldet.

Wenn mich nicht alles täuscht, habt Ihr einen gleichnamigen Split-Beitrag als Fundament für dieses Album herangezogen. Warum hat es Sinn gemacht, einen [mittlerweile mehr als] zehn Jahre alten Song neu aufzunehmen und ihn quasi zum Aushängeschild des gesamten Albums zu erklären?

Eigentlich war Blutsturm ein Titel auf unserem ersten selbstbetitelten Album von 2000 und überhaupt unser erstes fertiges Lied als Ewiges Reich. Wir hatten damals überlegt, dieses erste Album Blutsturm zu nennen aber der Name passte einfach nicht zum Coverbild. Blutsturm II war tatsächlich nur auf dieser, von Dir angesprochenen Split erschienen. Und als wir beschlossen ihn aufs aktuelle Album zu packen, kam er auch direkt wieder als Albumtitel in Betracht und wurde verwendet.

Inwieweit fügen sich die zehn frischesten Nummern ins Gesamtkonzept von EWIGES REICH ein und inwieweit grenzen sie sich von früheren Alben ab? Wie verliefen bislang die Resonanzen des Publikums auf "Blutsturm" im Vergleich zu den altbekannten Krachern?

Die einzigen Veränderungen zu den vorangegangenen Alben sind ein paar trashige und ein paar rockige Passagen. Sonst klingt das Ganze nach Ewiges Reich wie man es kennt. Zu den Resonanzen ist es eigentlich auch wie immer viele mögen die Scheibe und viele mögen sie nicht.

Wie würdest Du das Album - ganz allgemein betrachtet - aus heutiger Sicht einschätzen? Bist Du der Ansicht, das Potential der Scheibe hat sich aufgrund der Veröffentlichungsprobleme nicht völlig entfalten können?

Ich weiß von gar keinen Veröffentlichungsproblemen? Ob die Platte mehr Potenzial hat als sie entfaltet, ist als Beteiligter schwer zu beurteilen. Ich persönlich mag „Blutsturm“ wirklich sehr. Es ist eine herrlich aggressive Platte mit einigen großartigen Momenten.

Um vielleicht noch einmal auf Eure Konzert-Aktivitäten zurück zu kommen: Ihr seid dafür bekannt, sehr gerne live aufzutreten und jedes Mal eine geile Show aufs Parkett zu zaubern. Doch wo beziehungsweise wie lernt man, sich auf der Bühne gekonnt zur Schau zu stellen und dabei auch noch die ganze Zeit über Gas zu geben? Warum ist es Euch überhaupt wichtig, vor Publikum aufzutreten? Und wie schafft Ihr den Spagat zwischen musikalischen Höchstleistungen, Bühnenpräsenz und Interaktion mit dem Publikum?

Vielen Dank für die Blumen. Niemand von uns hat das „gelernt“. Das was auf der Bühne passiert ist wirklich ziemlich ungeplant. Ich kann jetzt nur von mir sprechen aber ich habe manchmal das Gefühl, dass mir das Bühnengeschehen einfach zustößt.Wenn man live nicht Vollgas geben würde, wäre es ja langweilig und außerdem weißt Du doch, wer schneller spielt ist eher fertig haha

Denkt man an Kassel, denkt man unmittelbar danach an EWIGES REICH - unabhängig von Genre-Schubladen. Es dürfte wohl nicht ganz verkehrt sein, Euch aus dem Stand heraus zur qualitativ größten Metal-Band Eurer Stadt zu küren. Doch woran, denkst Du, liegt es, dass aus Kassel heraus nicht viel Nachhaltiges schallt? Sind die meisten Einwohner einfach viel zu sehr mit sich beschäftigt oder haben sie schlichtweg zur Kenntnis genommen, dass Ihr die Besten seid? Fallen Dir spontan Truppen aus Eurem geographischen Umfeld ein, die nicht aus Eurem persönlichen Umfeld kommen, dafür aber auch nicht unbedingt Metal-Verwandtes fabrizieren müssen?

Haha das klingt ja als wären wir wahnsinnig berühmt und jeder müsste uns kennen. Das ist zwar mit Sicherheit nicht so aber trotzdem schmeichelhaft, dass Du es so empfindest. Ich kann Dir über Kassel selbst nicht viel und schon gar nichts über seine Musikszene sagen. Unter anderem deswegen weil gar keiner von uns mehr in Kassel wohnt. Wir sind mittlerweile über Hessen, Niedersachsen und Thüringen verteilt.

Immer weniger Plattenfirmen sowie Bands, die ihre Botschaft in Eigenregie verbreiten, drucken die Texte ihrer Platten ab. EWIGES REICH hingegen empfinden es als unnötig, den Hörern ihre Texte vorzuenthalten. Warum haltet Ihr an dieser unpopulär werdenden Einstellung fest? Schließlich ließe sich ja eine Menge Geld sparen, wenn das Booklet nur aus einem zweiseitigen Aufzählung aller Liner Notes bestünde...

Mir ist das Gesamtkunstwerk zwischen Musik und Texten beim Black Metal sehr wichtig. So habe ich schon Bands nur aufgrund ihrer Lyrik eine Chance gegeben. Und andere Tonträger habe ich nach der Lektüre der geistigen Ergüsse ihrer Erschaffer, nicht mehr mit der Kneifzange angefasst. Diese Form der Wahl wollen wir natürlich auch unseren Hörern lassen.

Eure Musik ist über die Jahre hinweg so hasserfüllt, dass Ihr alle doch potenzielle Bombenbastler sein müsstest. Dennoch ist es in der Geschichte von EWIGES REICH noch kein Märtyrer in Aktion getreten. Wie erklärst Du Dir diesen Widerspruch [der als solcher natürlich nicht nur Euch betrifft]?

Wenn wir tot oder im Gefängnis wären, könnten wir die Welt ja nicht mehr mit neuen Ewiges Reich Scheiben beglücken.Die durch uns erschaffenen Nachwuchsterroristen sind vermutlich schlau genug, sich nicht erwischen zu lassen hehe

Kurz vor Abschluss ein Ausblick nach vorne: Du hast bereits in einigen Gesprächen angedeutet, dass Ihr bereits am Nachfolger zu "Blutsturm" arbeitet. Wie viel an neuem Material ist bislang zusammenkommen, steht vielleicht sogar ein konkreter Studio-Termin fest?

Theoretisch haben wir mittlerweile Material für 2 neue Alben, wir müssten nur mal anfangen es aufzunehmen. Da wir wieder selbst aufnehmen werden bedarf es dafür aber keines festen Termins sondern nur der rechten Muße. Es wird aber noch in diesem Jahr geschehen.

Herzlichen Dank für Deine Zeit! Zum Abschluss könntest Du uns noch einen Einblick auf Deinen Plattenteller. Was bewegt Dich derzeit musikalisch [abgesehen natürlich von den eigenen Errungenschaften]?

Vielen Dank für die Unterstützung und das viele Lob. Ich hoffe meine Antworten konnten ein wenig erleuchten.Bei mir laufen seit längerem folgende Bands hoch und runter: FUNERAL MIST, THORYBOS, TOTALSELFHATRED, DRAUTRAN, A FOREST OF STARS, CARTHAUN, VREID, WOLVES IN THE THRONE ROOM, MGLA, DRUDKH, BLACK WITCHERY, BLASPHEMY, BEHERIT und nicht zu vergessen die alten Skandinavier mit ihren Werken aus den 90ern



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